Finanziert durch Mittel aus dem Programm „Regionale“ zur Förderung der Lenneschiene hat die Stadt Plettenberg den Radweg an der Lenne in Böddinghausen auf vier Meter verbreitern lassen. Überall? Nein! – denn am Schulteich des Albert-Schweitzer-Gymnasiums regte sich heftiger Widerstand.
Das ASG als MINT-freundliche Schule
Seit 1995 ist der Schulbiotop als außerschulischer Lern- und Forschungsort wichtiger Bestandteil vor allem des Ökologie-Unterrichtes geworden. Schüler können hier beobachten, messen, untersuchen, Artenkenntnis erwerben, mikroskopieren, Verantwortung für die Natur übernehmen. Diese Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit der lokalen Flora und Fauna in der Teich-AG stellt ein Zusatzangebot im Bereich der Biologie dar, ein Aspekt, der zur Einstufung des ASG als MINT-freundliche Schule geführt hat.
Bei einer Verbreiterung der Lennepromenade auf vier Meter im Bereich des Schulteiches am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Richtung Böddinghausen, wäre die Böschung zum Teich hin komplett zerstört worden. Die Auswirkungen für den Schulbiotop wären fatal, denn als Überwinterungsquartier der hier nachgewiesenen fünf Amphibienarten Teich-, Berg- und Kammmolch, Grasfrosch und Erdkröte kommt vor allem der Hang zum Lennedamm in Frage. Die meisten Amphibien suchen Gewässer nur zum Ablaichen auf. Molche überwintern außerhalb der Gewässer, im Schulbiotop im Hang zum Radweg, der durch die Baumaßnahmen zerstört worden wäre.
Der Kammmolch – nur noch an zwei Stellen im ganzen Sauerland zu finden
Jetzt kam der Kammmolch ins Spiel. Es handelt sich bei dieser, im Schulteich des ASG seit 2004 nachgewiesenen Art, von der es im gesamten Sauerland nur noch eine weitere Fundstelle gibt, um eine sogenannte FFH-Art (Flora-Fauna-Habitatrichtlinie), die europaweit als eine von 133 Tier- und Pflanzenarten geschützt ist. Nur 133 Arten aus dem gesamten Tier- und Pflanzenreich sind so stark geschützt! Wird so eine planungsrelevante Art gefunden, stoppt jede Planung für Straßen, Industriegebiete… Bekanntestes Beispiel ist sicher der Feldhamster, dessen Vorkommen Autobahnplanungen stoppten. Kammmolche verteuerten den Ausbau der A44 in Hessen. Dort musste ein zusätzliches Tunnelstück errichtet werden, das die Autos an den Tieren vorbeileitet – für 50 Millionen Euro.
Deshalb trafen sich Vertreter von drei Behörden (OWB, UWB, ULB), von Stadt, ASG, Naturschutz und Planungsbüro zu einem Ortstermin. Der Stadt Plettenberg wurde jegliche Beeinträchtigung des Kammmolch-Lebensraumes untersagt. Die ökologische Bauaufsicht über das Bauvorhaben wurde Dr. Ludwig Erbeling, Lehrer am ASG und Betreuer des Schulteiches übertragen. Im Bereich des ASG musste der Radweg also in Richtung Lenne erweitert werden. Hier wurden deshalb zwar mehrere amerikanische Sumpfeichen gefällt werden, diese Baumart ist bei uns aber sowieso nicht heimisch. Und so weist der Weg jetzt eine „Beule“ in Richtung Lenne auf.
Kammmolch hat überlebt
Trotz vorsichtiger Arbeit beim Wegebau war den Mitgliedern der Teich-AG doch nicht ganz wohl: Hat der Kammmolch überlebt? Dann aber doch großes Aufatmen bei der Teich-AG: 15.6.2016 konnte wieder ein Männchen nachgewiesen werden. Der Teichmolch-Lebensraum scheint also nicht in Mitleidenschaft gezogen zu worden sein!
Die Beobachtung einer Larve im Jahre 2014 beweist, dass sich der Kammmolch auch im Schulteich fortpflanzt.
Dr. L. Erbeling